Richtiges Entrollen nach Systemaufstellungen

Oft werden nach Aufstellungen Prozesse diskutiert. An der Art und Weise, wie sich die ehemaligen Repräsentanten bzw. Stellvertreter äußern, ist oft festzustellen, dass diese noch in ihrer Rolle verhaftet sind. Ich finde es immer wieder bedenklich, wenn Leiter von Aufstellungen die Repräsentanten nicht explizit auf das Entrollen hinweisen. Hier einige Möglichkeiten zur Auswahl:

  • Auf den Boden stampfen
  • den Körper abstreifen
  • den eigenen Namen mehrmals laut aussprechen
  • den Körper abklopfen
  • über die Handgelenke kaltes Wasser laufen lassen

Bei intensiveren Rollen haben sich als hilfreich erwiesen:

  • Duschen
  • Rückgaberitual in der Natur
  • Sätze wie „das was nicht zu mir gehört, gebe ich…“ oder „das was wichtig war für mich, nehme ich als Geschenk mit…“

Auf ein baldiges Wiederlesen!

Dein Andreas Reisenbauer

(Bild von Jay George auf Pixabay)

Orte erinnern sich

Dass Häuser, Wohnungen und sogar Plätze über ein gewisses Maß an Erinnerungsvermögen verfügen, mag komisch klingen und vielleicht für manche gewöhnungsbedürftig sein. Dass sie sogar bestimmte Wünsche und Vorstellungen haben, was die Besitzer mit ihnen anfangen sollen, ist für die meisten Menschen nicht nachvollziehbar. Doch nicht von ungefähr heißt es im Volksmund „wenn Häuser erzählen könnten“.

Mein Aufstellungskollege Joachim Seelmann beschreibt es folgendermaßen:

„Häuser und Grundstücke speichern Informationen, was in früheren Zeiten in oder auf ihnen passiert ist (z.B. Selbstmord eines Bewohners, Erbstreitigkeiten, Konkurs einer Firma, etc.) Diese gespeicherten Energien/Ereignisse können die Bewohner auf unbewusste Art und Weise stark beeinflussen. Häufig werden ehemalige Bewohner und die Geschichte des Grundstückes/Hauses nicht ausreichend berücksichtigt bzw. gewürdigt. Mithilfe der Immobilien-Aufstellung können alte Geschehnisse aufgearbeitet und Streitigkeiten befriedet werden. So kann die Energie wieder fließen und ein harmonisches und kraftvolles Wohn- und Arbeitsumfeld entstehen.“

Beispiel aus der Praxis

Seelmanns Zugang finde ich sehr spannend und kann sie nur aus meiner eigenen Aufstellungspraxis bestätigen. Vor einiger Zeit drehte sich in einer Aufstellung alles um einen alten Gutshof, der in unterschiedlicher Form Generationen von Menschen in seinen Bann gezogen hat – positiv wie negativ. In der Aufstellungsarbeit war dann gefragt, wie der Klient als einer der wenigen im Frieden vom Gutshof Abschied nehmen und ein eigenes Leben außerhalb dieser vier Wände beginnen könnte. Da spielen sich dann in der Regel sehr spannende Prozesse ab, vor allem dann, wenn die Repräsentanten, die für die Häuser stellvertretend „stehend“ zu reden beginnen und sich von ihren Bewohnern einen gewissen Respekt und Wertschätzung erwarten.

Buchtipp: „Orte erinnern sich“

Wer tiefer in diese Materie einsteigen möchte, dem lege das Buch Orte erinnern sich wärmstens ans Herz.

Auf ein baldiges Wiederlesen!

Dein Andreas Reisenbauer

(Bild von deti6 auf Pixabay)

Schauermärchen haben in der Aufstellungsarbeit keinen Platz

Schauermärchen über die Prozesse in systemischen Aufstellungen kennen wir wohl alle zur Genüge. Da ist die Rede von Männern, die sich weinend in den Armen liegen, Stellvertreter beinahe bewusstlos zusammenbrechen und man hört von kryptischen „Wortmeldungen“ Verstorbener. Speziell Personen, die bislang wenig bis keine Aufstellungserfahrung haben, gehen mit diesen Bildern und teilweise gemischten Gefühlen in eine Aufstellung als Klient oder Repräsentant – oder lehnen diese ob dieser Schauergeschichten kategorisch ab.

Was gerade noch getragen werden kann

„Aber wenn mir die Rolle zu schwer wird, steige ich aus“, hören wir immer wieder in der Vorstellungsrunde von Repräsentanten. Damit sind wir beim Thema der „schweren Rollen“. Selbstverständlich können Repräsentanten bei jeder von mir geleiteten Aufstellung die ihm/ihr zugedachte Rolle ablehnen. Natürlich auch während der Aufstellung. Dennoch mache ich sehr oft die Beobachtung, dass Repräsentanten genau jene Rolle zugeteilt bekommen, die sie auch „tragen“ können. Das finde ich eine überaus spannende Dynamik. Mögliche Erklärung: Vielleicht weiß das „wissende Feld“, welche Rollen wem zugemutet werden können und beeinflussen so die Repräsentanten-Auswahl durch die Klienten.

Aus meiner Erfahrung kommt es nur äußerst selten vor, dass die Anforderungen der Rolle „zu groß“ für den Stellvertreter sind und dieser über alle Maßen stark körperlich reagiert. Erst vor kurzem ist dies bei einer Aufstellung geschehen, die Repräsentantin wurde aus dem Prozess genommen und durch eine andere Stellvertreterin ersetzt. Der Prozess konnte so weiter gehen und eine gute Lösung für die Anliegenbringerin erarbeitet werden. Ich denke, es liegt in der Verantwortung des Gastgebers einer Aufstellung, diese Gratwanderung zu begleiten und gegebenenfalls Interventionen zu setzen.

Auf ein baldiges Wiederlesen!

Dein Andreas Reisenbauer

(Bild von Ulrike Mai auf Pixabay)