Schauermärchen haben in der Aufstellungsarbeit keinen Platz

Schauermärchen über die Prozesse in systemischen Aufstellungen kennen wir wohl alle zur Genüge. Da ist die Rede von Männern, die sich weinend in den Armen liegen, Stellvertreter beinahe bewusstlos zusammenbrechen und man hört von kryptischen „Wortmeldungen“ Verstorbener. Speziell Personen, die bislang wenig bis keine Aufstellungserfahrung haben, gehen mit diesen Bildern und teilweise gemischten Gefühlen in eine Aufstellung als Klient oder Repräsentant – oder lehnen diese ob dieser Schauergeschichten kategorisch ab.

Was gerade noch getragen werden kann

„Aber wenn mir die Rolle zu schwer wird, steige ich aus“, hören wir immer wieder in der Vorstellungsrunde von Repräsentanten. Damit sind wir beim Thema der „schweren Rollen“. Selbstverständlich können Repräsentanten bei jeder von mir geleiteten Aufstellung die ihm/ihr zugedachte Rolle ablehnen. Natürlich auch während der Aufstellung. Dennoch mache ich sehr oft die Beobachtung, dass Repräsentanten genau jene Rolle zugeteilt bekommen, die sie auch „tragen“ können. Das finde ich eine überaus spannende Dynamik. Mögliche Erklärung: Vielleicht weiß das „wissende Feld“, welche Rollen wem zugemutet werden können und beeinflussen so die Repräsentanten-Auswahl durch die Klienten.

Aus meiner Erfahrung kommt es nur äußerst selten vor, dass die Anforderungen der Rolle „zu groß“ für den Stellvertreter sind und dieser über alle Maßen stark körperlich reagiert. Erst vor kurzem ist dies bei einer Aufstellung geschehen, die Repräsentantin wurde aus dem Prozess genommen und durch eine andere Stellvertreterin ersetzt. Der Prozess konnte so weiter gehen und eine gute Lösung für die Anliegenbringerin erarbeitet werden. Ich denke, es liegt in der Verantwortung des Gastgebers einer Aufstellung, diese Gratwanderung zu begleiten und gegebenenfalls Interventionen zu setzen.

Auf ein baldiges Wiederlesen!

Dein Andreas Reisenbauer

(Bild von Ulrike Mai auf Pixabay)

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